Seit eineinhalb Jahren haben die Tageszeitungen ausführlich über das Vorhaben des ZfP Winnenden und des Sozialministeriums berichtet, ebenso der Blickpunkt und die Homepage der Stadt. Drei sehr unterschiedliche Bürgerdialoge und rund ein halbes Dutzend zum Teil längerer und intensiver Gemeinderatssitzungen waren dem Beschluss des Gemeinderats vorausgegangen. Auch der baden-württembergische Sozialminister Manne Lucha war zweimal in Winnenden. Einmal zu einem persönlichen Gespräch mit dem Gemeinderat im Dezember. Dann im Januar zum insgesamt dritten Bürgerdialog in der Hermann-Schwab-Halle. Dabei machte er deutlich, dass das Land Baden-Württemberg die geplanten 75 Plätze nach § 64 StGB für die Suchttherapie dringend benötigt und diese, mit oder ohne Rahmenvereinbarung mit der Stadt, auf jeden Fall bauen wird. Weiter, dass das Land dieses Neubauvorhaben, nach der mehrfachen Änderung der Standortvorschläge auf Druck von Anwohnern und der Stadtverwaltung, nun im Stammgelände, im südwestlichen Teil des Schlossparks am Standort des heutigen Hauses C (Suchttherapie) plant.
Bereits im Juli 2022 hatte der Gemeinderat Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth damit beauftragt, eine Rahmenvereinbarung zu verhandeln, in der bestimmte Vorstellungen der Stadt Winnenden mit dem Land und dem ZfP geregelt werden, darunter auch der Standort. Nach längeren Verhandlungen und insgesamt vier (nacheinander je zwei) öffentlich diskutierten Standortvarianten lag der Entwurf der
Vereinbarung Mitte Januar 2023 vor. Doch auch im Gemeinderat gab es zum Ende hin dann noch ein zähes Ringen mit dem Sozialministerium über einzelne Bestimmungen der Rahmenvereinbarung und deren genauem Wortlaut.
Noch in der Gemeinderatssitzung am 31. Januar wünschten sich die Gemeinderäte eine ganze Handvoll Änderungen an einzelnen Formulierungen der Mitte Januar vorgelegten Fassung. Die Änderungswünsche wurden dem Sozialministerium umgehend nach der Sitzung am 1. Februar übermittelt. Von dort kam nach wenigen Tagen die Antwort, dass ein Teil der Änderungswünsche übernommen wird, ein anderer Teil aber nicht übernommen werden kann. Beispielsweise war ein Wunsch des Gemeinderats, dass Bürgerinitiativen am geplanten Runden Tisch teilnehmen können - das wurde vom Land zugestimmt. Dagegen konnte die Formulierung, dass im Fall des Falles die Unterstützung durch Polizeikräfte „garantiert“ angepasst wird, nur in der Formulierung als „Erwartung“ an das Land durchgesetzt werden. Hingegen war die Erhaltung des Polizeireviers Winnenden der Stadt, für mindestens solange ein Maßregelvollzug eingerichtet ist, von Anfang an unstrittig zugesagt worden.
Während also in der Sitzung am 31. Januar noch der Wortlaut der Vereinbarung mit dem Gremium im Einzelnen durchgearbeitet wurde, woraus die Änderungswünsche des Gemeinderats resultierten, wurden jetzt die Ergebnisse der Verhandlungsrunde im Februar nun summarisch im Gremium zur Kenntnis genommen. Eine Diskussion kam daher nur noch dazu in Gang, ob es aus Sicht der Stadt Winnenden richtig ist, einer Rahmenvereinbarung letztlich zuzustimmen oder nicht. Dabei war ein zentrales Argument vieler ihre Zustimmung ankündigenden Stadträtinnen und Stadträte, dass das Land den Maßregelvollzug am ZfP Winnenden auch ohne eine Vereinbarung einrichten kann und wird und daher der Abschluss einer Vereinbarung, die die Größe und Art der Einrichtung regelt und die Mitwirkungsrechte der Stadt sicherstellt, aus städtischer Sicht von Vorteil, ja ein Gebot der Vernunft ist.
Einzelne Mitglieder des Gremiums betonten, dass ihre Zustimmung zur Vereinbarung keine Zustimmung sei, ob ein Maßregelvollzug kommen solle, dies sei ohnehin nicht in städtischer Entscheidungsbefugnis. Andere meinten, dass sie zwar den Maßregelvollzug nicht grundsätzlich ablehnten. Aber mit dem jetzt vorgesehen Standort Haus C im Schlosspark zwar ein Standort mit ausreichendem Anwohner-Abstand gefunden wurde, sie aber einen Standort außerhalb der Stadt favorisieren würden. Hierzu hatte das ZfP und das Land in einer Vorberatung mit dem Verwaltungsausschuss jedoch bereits eine klare Absage erteilt. Die Nachtteile eines solchen separaten Standorts wurden von der Klinikleitung detailliert aufgelistet und insgesamt für den Betrieb des ZfP als zu groß beschrieben, hieraus resultiere auch die notwendige Einbindung in das Stammgelände.
Während die vorausgegangenen Gemeinderatssitzungen teilweise und insbesondere der zweite Bürgerdialog im Oktober eine sehr lebhafte Resonanz in der Bevölkerung auslösten, war es bereits beim dritten Bürgerdialog am 25. Januar und in der Gemeinderatssitzung am 31. Januar etwas ruhiger zugegangen. Jetzt lockte die entscheidende Sitzung des Gemeinderats am vergangenen Dienstag, 28. Februar, trotz dass der Punkt Maßregelvollzug auf TOP 1 stand, dann doch etwas überraschend, nur wenige Zuhörende an.
Am Ende einer intensiven, aber ruhigen und sachlichen Diskussion sprach sich der Gemeinderat mit 16 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen mehrheitlich für den Abschluss der Rahmenvereinbarung mit dem Land und dem ZfP aus.
Die bei der Sitzung als Zuhörerin anwesende Geschäftsführerin des ZfP Winnenden Anett Rose-Losert bedankte sich im Anschluss für die 18-monate intensiv geführte gemeinsame Befassung des Gemeinderats mit diesem wichtigen Thema des Landes und des ZfP. Auch eine ausführliche Vor-Ort-Besichtigung im Maßregelvollzug am ZfP Klinikum am Weissenhof in Weinsberg hatte das städtische Gremium durchgeführt. Mehrmals, so erinnerte sie, war sie mit ihren Ärztlichen Direktoren Dr. Matthias Michel und Dr. Marianne Klein in den Sitzungen des Gemeinderats und stand Rede und Antwort, ebenfalls in den Bürgerdialogen. Auch kamen drei Patienten des Maßregelvollzugs selbst zu Wort.
Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth rief dazu auf, nun gemeinsam mit dem ZfP auch die Umsetzung dieses für das ZfP und das Land wichtigen, und für die Stadt sehr sensiblen Projekts weiter zu planen. Und zwar in aller Offenheit und Transparenz des Prozesses. Dies sei eine wesentliche Voraussetzung, dass der Betrieb nachher sicher und erfolgreich laufen kann. Er betonte, die Stadt Winnenden und das ZfP Winnenden leisteten mit dem Projekt einen vorbildlichen Beitrag zu Suchtbekämpfung in unserer Gesellschaft und sie erwarteten dabei auch die volle Unterstützung des Landes für das ZfP und die Stadt
bei dieser Aufgabe.
Dies gelte insbesondere für die Winnender Bevölkerung, in der es, wie nicht anders zu erwarten war, auch nach allen Beteiligungsmöglichkeiten sicherlich noch immer eine Vielzahl von kritischen Auffassungen und Befürchtungen gebe, über die man weiter offen reden müsse. Er traue aber sowohl der Stadt, dem ZfP, und auch dem Land Baden-Württemberg zu, dass es gelinge, dass der Maßregelvollzug am Ende zur Zufriedenheit aller, auch der Einwohnerschaft, betrieben werden kann, also straffällige Menschen Heilung von ihrer Suchtproblematik erfahren und die Bevölkerung hiervon keine Nachteile befürchten muss.
Im Anschluss an die Zustimmung des Gemeinderats der Stadt Winnenden und in dessen Gegenwart unterzeichneten Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth und die Geschäftsführerin des ZfP Winnenden, Anett Rose-Losert, die Rahmenvereinbarung zum Maßregelvollzug.